Über die Kirche zu schreiben, kostet in dieser Zeit einige Überwindung. Zu sehr beschäftigen die Nachrichten über den jahrzehntelangen Missbrauch durch Amtsträger der Kirche, über die Vertuschung dieser Verbrechen durch Kardinäle und Bischöfe, über fehlende Transparenz in der Kirche z.B. über Finanz- und Vermögensfragen. Folge: Für Hunderttausende Katholiken ist ihre Kirche nicht mehr glaubwürdig, sie kehren ihr den Rücken zu.
Mit solchen Gedanken geht man sonntags zur Kirche – und erlebt eine faustdicke Überraschung. Da wird ein Gottesdienst gefeiert, von Jugendlichen vorbereitet und moderiert, eine größere Zahl von Kindern feiert mit, eine Kirchenband lädt mit viel Schwung zum Mitsingen ein, der Pfarrer spricht in seiner Predigt sehr persönlich über seine Ministrantenzeit zu den erfreulich zahlreich gekommenen Gläubigen.
Ist das dieselbe Kirche, von der es, wie eingangs erwähnt, so viele schlechte Nachrichten gibt ?
Die Hl.Messe, in der am Sonntag, 12.11.2023, vier Mädchen und ein Junge in die Schar der St.Nikolaus-Ministranten aufgenommen wurden, zeigte ein anderes Bild der gegenwärtigen Kirche: es war von Freude und Hoffnung bestimmt, ließ erkennen, dass Jugendliche für ihre Kirche etwas tun wollen, machte Mut, die Rede von der „Frohen Botschaft“ des Evangeliums nicht als eine leere Phrase abzutun.
Über 30 Ministrantinnen und Ministranten zogen zu Beginn mit dem Priester, P. Bernd Wagner, in die Kirche ein, Ausdruck der qualifizierten Jugendarbeit der Pfarrei. Die Leiterinnen Mathilde Sotriffer und Marie Pfenning, zwei Schülerinnen, die souverän, sprachlich perfekt und ohne Lampenfieber durch den Gottesdienst führten, sagten, wie es zum leitenden Thema „Zusammen sind wir stark“ gekommen war. Mit P. Wagner wurde auf dem Ministranten-Wochenende im September das Thema erarbeitet, erste Gedanken und Ideen dazu gesammelt. Seit Monaten waren die neuen Minis auf ihren Dienst vorbereitet worden. Mathilde Sotriffer und Marie Pfenning: „Das Ministrieren wurde geübt. Dabei kamen Spiel und Spaß nicht zu kurz. Wir hatten immer sehr schöne und lustige Gruppenstunden“:
Die fünf Neuen stellten sich vor: Lara Hock, Marlene Michel, Ina Immel, Kilian Manzana und Hannah Fries. Sie lobten die „tolle Gemeinschaft“, die sie erlebt haben, und versprachen, „ihre Aufgaben im Gottesdienst und im Leben gewissenhaft und nach besten Kräften zu erfüllen“. Nach einem kurzem, szenischen Anspiel wurden sie eingekleidet, mit einer Kordel umgürtet und durften sich ein Kreuz umhängen. In den Fürbitten – das Vorlesen war von den neuen Minis erkennbar geübt worden - kam zur Sprache, dass sie durchaus wissen, was in der Welt los ist: Umweltkatastrophen, fehlende Schulbildung für Millionen Kinder, Krieg, auch die Krankheit und der Tod naher Verwandter kamen zur Sprache.
Gegen Ende des Gottesdienstes wurde mehreren Ministranten und Ministrantinnen gedankt, sie wurden geehrt für viele Jahre Dienst am Altar: Paula Andersen, Jule Gellermann, Simona Herbst, Philipp Müller, Jonas Bergmann und Annika Zeier sind 10 bzw. 15 Jahre Ministranten gewesen und dabei mehr und mehr auch Vorbilder für die Jüngeren geworden. Die nicht anwesende Leiterin Elisabeth Trenkamp gratulierte und schrieb: „ Ich bin stolz darauf, dass ihr diese zehn und 15 Jahre durchgehalten habt, dass ihr bei uns geblieben seid, eigene Gruppen und Verantwortung bei den Minis übernommen und die Minis zu einer Gemeinschaft „wie eine Familie“ gemacht habt“.
Viel mehr Positives kann man über die Gerbrunner Ministranten nicht schreiben. Die verantwortlichen Männer in der Kirche (immer noch) von der Spitze in Rom bis hinunter in den Bistümern und Pfarreien sind sich hoffentlich im Klaren darüber welche Erwartungen die jungen Christen an ihre Kirche haben, welche Hoffnung sie in sie setzen.
Der Gottesdienst wurde musikalisch gestaltet von der Kirchenband „So und so“ mit Kathrin Nikolai, Georg Stirnweiß, Harald Tempel, Thomas Plauk und Werner Schwierczek.
R.Kies