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Tief in die Geschichte Gerbrunns, seiner Weinberge und mittelalterlichen Grundherren tauchten ca. 40 Gerbrunner am 06.09.2011 bei einem Spaziergang durch die Gemarkung Gerbrunns ein. Der „Ökumenische Kreis 50 Plus“ hatte eingeladen, Dr. Klaus Hemprich, ausgewiesener Kenner der Gerbrunner Ortsgeschichte und Mitverfasser der Jubiläums-Festschrift „900 Jahre Gerbrunn“(2007) , erzählte „an Ort und Stelle“ aus der wechselvollen Geschichte des Weinbaus in Gerbrunn.

„... ligt ein Hof der Gießubel, durch zwey Hofbauern bewohnt“

Die Wandergruppe begann ihren Weg in einem Weinberg am Neuberg oberhalb des Friedhofs am Zottenhügel.Im 13.Jh. gelangte dieser Wengert durch eine Schenkung Kaiser Friedrich II. an den Deutschen Orden, der wie andere geistliche und weltliche Herrschaften über einen größeren Besitz – ehemals Königsgut – in Gerbrunn verfügte. Fürstbischof und Domkapitel, das Kloster St.Stephan, die Johanniter, Jesuiten und Augustiner, die Grafen von Castell, die Echterfamilie und die Ritter von Seinsheim waren im Laufe der Jahrhunderte Grundherren in Gerbrunn. Bereits im frühen 12.Jh. wurde Wein angebaut; im Jahr 1114 wird in einer Urkunde eine Weinbergslage „haselehe“ genannt, ein Hang entlang der Haslach. Im 16.Jh. umfassen die Weinberge in Gerbrunn 41 ha, Mitte des 19.Jh. 57 ha, 1980 knapp 3 ha und ab 2005 wieder 8 ha. Drei Winzerfamilien bauen heute ihren Wein selbst aus, vermarkten ihn unter der Lagenbezeichnung „Gerbrunner Hummelberg“ und haben die seit dem 17.Jh. nachweisbare Tradition der Heckenwirtschaft mit großem Erfolg wiederbelebt.

Auf Gut Gieshügel verlangten die Ausführungen Hemprichs noch genaueres Zuhören, erscheint doch die Geschichte dieser vermutlich seit der Steinzeit besiedelten Hofstatt noch verwirrender und komplizierter als die Geschichte des Dorfes Gerbrunn und seiner Weinberge. Hemprich ließ die verschiedenen Wappen sprechen, die die Hofeinfahrten von Gut Gieshügel zieren. Sie geben Aufschluss über die durchgehend von Schenkung, Verkauf, Teilung und Vererbung gekennzeichneten Besitzverhältnisse auf Gieshügel. Die Casteller, Seinsheimer, Pappenheimer, Echter, auch wieder die Augustiner und Jesuiten besaßen zu verschiedenen Zeiten das gesamte Gut oder einzelne Teile davon. Interessant war zu erfahren, dass schon im 16.Jh. auch bürgerliche Besitzer in den Grundbüchern stehen. Vermutlich am längsten hat sich übrigens die Universität Würzburg als Besitzerin von Gut Gieshügel gehalten: seit Mitte des 19.Jh. bis in die Gegenwart.

Zu einer besonderen, architektonisch bemerkenswerten Hinterlassenschaft aus der Zeit der Augustiner führte Hemprich seine Begleiter über eine steile Stiege: Eine vormals zweigeschossige Kapelle mit einem Oratorium für den Klerus im Obergeschoss und einem Betraum für das Gesinde im Untergeschoss. Ergänzt wird der sakrale Charakter dieses Gebäudes teils von der Figur des Hl. Sebastian in einer Außennische.

Der Verwalter von Gut Gieshügel, Herr Kühne, informierte die Ökumenischen Senioren über die Arbeit und wirtschaftliche Situation des jetzigen Pächters, der Südzucker AG (Mannheim/Ochsenfurt). Von Gieshügel aus werden mit entsprechenden Traktoren und Maschinen 500 ha bewirtschaftet, vier Angestellte leisten die Arbeit (nach dem 2.Weltkrieg lebten und arbeiteten 130 Leute auf Gieshügel), Zuckerrübenanbau ist nur alle drei Jahre möglich, die Brennerei wird in Kürze eingestellt, die Scheunen und Stallungen für die Viehwirtschaft stehen schon seit Jahren leer.

Ein Stück Heimat war dem „Ökumenischen Kreis 50 Plus“ an diesem sommerlichen Nachmittag erschlossen worden. Entsprechend herzlich fiel der Dank der Organisatoren Christiane Stein und Rudolf Blaschke an Herrn Dr.Hemprich und Herrn Kühne aus.

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